CAAL 2011 Frutillar
Neuntes Treffen der deutschsprachigen Gemeinschaften
Lateinamerikas
Noveno encuentro de las comunidades de habla alemana
de América Latina
Altair Reinehr:
Das Kolonisationswerk des deutschen
Ingenieurs Karl Kulmey im Süden Brasiliens
Der Referent lebt in Maravilha (Santa Catarina, Brasilien). Prof. Altair
Reinehr ist Sprachwissenschaftler und Mitglied des brasilianischen Verbandes zur
Erforschung der Geschichte der deutsch-brasilianischen Gemeinschaften.
Der nachfolgende Text ist von den Organisatoren des Treffens als
Zusammenfassung mit erweiternden Angaben zum Thema des Originalvortrags in
spanischer Sprache erarbeitet.
Der Pokal «Karl Kulmey»
Vom 2. bis 4. März 2012 findet die 29. Austragung
eines der größten Amateursportwettkämpfe Lateinamerikas, bekannt unter
dem Namen «Internationales Sportintegrationstreffen Pionier Karl Kulmey» in
Santo Cristo im Staate Rio Grande do Sul statt, wo brasilianische und
argentinische Schwesterstädte zu einem sportlichen Wettkampf unter Freunden
gegeneinander antreten.
Karl Kulmey wurde in Neuwied am Rhein geboren.
Anfang des 20. Jahrhunderts – das genaue Jahr ist nicht bekannt – brach er nach
Brasilien auf, wo er sich zunächst in Porto Alegre niederließ. Karl Kulmey,
von Beruf Landvermessungsingenieur, war ein begabter Mann mit den Visionen eines
Kolonisators, auf den man in Brasilien sehr bald aufmerksam wurde. 1912 erhielt
er von der Companhia Territorial Sul/Brasil seinen ersten Auftrag, die Gründung
und Besiedlung von Serro Azul, dem heutigen Cerro Largo, in
der nach den Jesuiten-Reduktionen der Guarani-Indianer benannten Region Misiones
im Nordosten von Rio Grande do Sul. Seine Arbeit war von Erfolg gekrönt.
Wenige Jahre später erhielt Karl Kulmey seinen
nächsten Auftrag. Er sollte in der Grande Santa Rosa – sie gehört ebenfalls zur
Region Misiones – die Kolonie Santo Cristo gründen und besiedeln, wobei
er auch diesmal hervorragende Arbeit leistete. Karl Kulmey war inzwischen in der
Region ein berühmter Mann.
Der folgende Auftrag ging ihm jedoch gründlich
daneben. Kulmey sollte in Rio Grande do Sul in einem Dorf namens «Sete de
Setembro» (heute Churrua) «ein Haus in Ordnung bringen». Die Gegend
galt als unwirtlich und eine Menge Leute fanden dort Zuflucht, die außerhalb des
Gesetzes lebten und der Polizei folglich aus dem Wege gingen. Kulmey nahm die
Herausforderung dennoch an, konnte aber nichts ausrichten. Vielmehr musste er
mit seinen Leuten den neuen Arbeitsplatz Hals über Kopf verlassen, und als er
aus sicherer Entfernung einen letzten Blick zurückwarf, musste er mit ansehen,
wie die von ihm begonnene Arbeit bereits in Flammen aufging.
Kulmey war zunächst verzweifelt und dachte schon
daran, das Land zu verlassen. Doch hatte er inzwischen die breite Sympathie und
das Vertrauen der Pioniere erworben, und sein Ruf als kompetenter Landvermesser
und energischer Mann mit Durchsetzungsvermogen drang bis über die Grenzen
Brasiliens hinaus, sodass ihm schließlich das benachbarte Argentinien
Arbeit anbot. Im Mai 1929 setzte er, begleitet von etlichen deutschstämmigen
Viehzüchterfamilien, auf die andere Seite des Paraná in die argentinische
Provinz Misiones über. Den ersten Markierungspfahl setzte er in San Alberto,
heute ein Ortsteil des ebenfalls von Kulmey gegründeten Puerto Rico.
Darüber hinaus gründete er die Orte Capiovi und Cuña Piru
(heute Ruiz de Montoya) sowie schließlich Monte Carlo.
Ende der 1920er-Jahre kehrte Kulmey nach Brasilien
zurück. Er hatte von seinem früheren Arbeitgeber, der Companhia Territorial Sul,
den Auftrag erhalten, Land im äußersten Westen von Santa Catarina zu
kolonisieren. Es handelte sich zunächst um Palmitos und São Carlos.
Später kamen noch folgende Orte hinzu: Saudades, Pinhalzinho, São Domingo
(heute Caibi), Riqueza, Cunha Porã und Maravilha –
und neu dazugekommen ist seit diesem Jahr Cunhatal.
Die Idee, die von Karl Kulmey kolonisierten
Schwesterstädte zu einem jährlich stattfindenden Sportturnier zusammenzuführen,
stammt von unserem Referenten Prof. Altair Reinehr. Er ist der Enkel
eines der Pioniere, die Karl Kulmey beim Vermessen des damals noch in der
Planungsphase befindlichen Ortes Monte Carlo in der argentinischen
Provinz Misiones geholfen hatten. Seit fast 3 Jahrzehnten findet nun das
«Internationale Sportintegrationstreffen Pionier Karl Kulmey» abwechselnd in
Brasilien und Argentinien in einer der verschwisterten Städte ihres
Gründungsvaters Karl Kulmey statt. Es sind inzwischen 16 Orte und mehr als 2000
Athleten, die in über 10 Sportdisziplinen jedes Jahr an den Wettkämpfen unter
Freunden teilnehmen.
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