CAAL-10 Buenos Aires 2012Zehntes Treffen der deutschsprachigen Gemeinschaften Lateinamerikas / Decimo encuentro de las comunidades de habla alemana de América Latina

Buenos Aires, Argentinien, Donnerstag 20. bis Sonntag 23. September 2012

Buenos Aires, Argentina, de jueves 20 a domingo 23 de setiembre 2012


Zusammenfassender Bericht von Eckhard E. Kupfer:

Vom 20. bis 23. September trafen sich die Vertreter von deutschstämmigen Gemeinden und Körperschaften aus ganz Lateinamerika zu ihrem jährlichen Symposium, das dieses Jahr in Buenos Aires stattfand. Eingeladen hatte die FAAG (Federación de Asociaciones Argentino-Germanas) unter ihrem Vizepräsidenten Rodolfo Hepe.

Am ersten Tag begann die Arbeitssitzung im deutschen Klub «Neuer Deutscher Turnverein / Sociedad Alemana de Gimnasia», im Stadtteil Olivos, mit der Begrüßung durch den Klub-Vizepräsidenten Dr. Peter Spielberg, durch den Vizepräsidenten der FAAG, Rodolfo Hepe und den Ortsbürgermeister Jorge Macri.

Die Arbeitssitzung wurde mit dem Vortrag von Dr. René Krüger eröffnet, der die Geschichte der Wolgadeutschen beschrieb, welche ab 1877 nach Argentinien auswanderten und dort neue Siedlungen gründeten, nachdem sie in Russland vielfach ihrer Rechte beraubt wurden. Im Jahr 1895 veröffentlichte Pater Arnold Janssen, von der Gesellschaft des Göttlichen Wortes der Steyler Missionare, den Argentinischen Volksfreund, als katholisches Wochenblatt für die La-Plata-Staaten. Diese Zeitschrift, welche den katholischen Auswanderern religiöse aber auch andere Nachrichten und praktische Hinweise in deutscher Sprache mitteilen sollte, erreichte um 1920 ihren Höhepunkt. Es wurden regelmäßig etwa 2500 Exemplare aufgelegt, diese erreichten bis zu 25.000 Menschen. Die Ausgabe wuchs auf bis zu 48 Seiten an. Doch schon in den 1940er und 1950er Jahren ging das Interesse zurück, da die nachfolgenden Generationen die Sprache der ersten Generation verloren hatten. Schließlich wurde das Blatt 1960 eingestellt. Einer Arbeitsgruppe um Dr. René Krüger gelang es, die gesamte Ausgabe zu digitalisieren und dadurch den kompletten Volksfreund der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Leonor Kuhn, berichtete anschließend über den Deutschunterricht in der Region Misiones, im Norden Argentiniens. Dort gibt es bis heute eine beträchtliche Anzahl von Schulen, die weiterhin Deutsch lehren und so hauptsächlich den jungen Menschen eine interessante Zukunftsperspektive mit auf den Weg geben. Die Ansiedlung deutscher Auswanderer geht bis auf das Jahr 1870 zurück.
Raúl Ignacio Puls, vom Centro de Mar del Plata berichtete von seiner Studie über die Herkunft deutscher Familiennamen. Er kam zu sehr aufschlussreichen Ergebnissen, wobei viele Namen in Zusammenhang mit Berufen stehen, wie Müller, Schmid, Schneider, Fischer, Weber, Maier, Bauer oder Koch. Puls zeichnete aber auch die unterschiedliche regionale Konzentration in den deutschsprachigen Ländern auf.

Der Vorsitzende des brasilianischen Dachverbandes FECAB, Jorge W. Globig, untersuchte den Stammbaum vieler lateinamerikanischer Präsidenten und Regierungschefs und kam dabei auf eine beachtliche Zahl deutschstämmiger Politiker, von den Argentiniern Kirchner und Ruckauf, über Hugo Banzer in Bolivien, Alfredo Strössner, Paraguay, Eduardo Frey, Chile, bis zu Ernesto Geisel und Itamar Franco in Brasilien. Die Liste kann noch weiter fortgesetzt werden.

Zum Abschluss der Vormittagssitzung des ersten Tages, berichtete Frau Regula Rohland über ihre Bemühungen, ein Archiv zur Geschichte der argentinischen Einwanderung in Buenos Aires zu organisieren. Dies ist sicherlich ein schwieriges Unterfangen, aber für die Historie der deutschen Einwanderung außerordentlich wichtig, denn man weiß, ein Volk oder auch eine Gruppe ohne Geschichte und Geschichtsbewusstsein, geht unter und verschwindet.

Marcelo Godoy, warb zur Eröffnung der Nachmittagssitzung für die Einrichtung ethnischer Museen in den deutschstämmigen Regionen Südamerikas. Als Beispiel nannte er das Museum Schafferer in Pozuzo, Peru, sowie das Museum in Frutillar, Chile. Mit der Eröffnung weiterer Museen in deutschsprachigen Immigrantengemeinden, könnte dabei auch an eine Zusammenarbeit und Vernetzung dieser Institutionen gedacht werden.

Isabel Kessler, hielt einen weiteren interessanten Vortrag über die Geschichte der Wolgadeutschen unter dem Titel: «Wolgadeutsche – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft». Diese deutschsprachige Volksgruppe, die ihre «neue» Heimat Russland verlassen musste, siedelte sich hauptsächlich in der Provinz Entre Rios in Argentiniens an.

Roque Jungblut aus Itapiranga in Santa Catarina, Brasilien, berichtete über die Nationalisierungswelle in Brasilien zwischen 1938 und 1945. Diese brachte viele Menschen, gerade in entlegenen Regionen, in große Schwierigkeiten. Durch die Abgeschiedenheit und die Homogenität der Deutschstämmigen, gab es viele Bewohner, die des Brasilianischen nicht mächtig waren. Neben der Schwierigkeit, es zu lernen, wurde ihr Leben mit der Angst begleitet, denunziert und verhaftet zu werden.

Gisela Wachnitz, von der Fundación Wachnitz in Eldorado, Misiones, berichtete über die Geschichte der Einwanderung in die Region am Rio Parana und das Entstehen eines deutschsprachigen Schulsystems, das heute in der Region noch Schulen an sieben verschiedenen Orten unterhält und einen regen Schüleraustausch mit Deutschland betreibt. Dadurch gibt es auch jungen Argentiniern immer wieder die Möglichkeit, sowohl die Sprache, als auch die Kultur näher kennenzulernen. Mancher geht zum Studium nach Deutschland und bleibt dort, oder kehrt mit dem in Deutschland erlernten Rüstzeug wieder in die Heimat zurück. Das Werk der Stiftung Wachnitz verdient besondere Anerkennung.

Wie schwierig es Immigranten immer wieder hatten und wie ungerecht sie gerade in der schwierigen Zeit des Krieges behandelt wurden, zeigte Altair Reinehr aus Maravilha, Santa Catarina, am Beispiel von zwei Ärzten, die als Einwanderer nach Brasilien kamen, sich nochmals ausbilden ließen und dann im Interior wirkten. Dr. Herbert Alfred Streckert wurde schließlich in dem Ort Cruzeiro, der heute Joaçaba heißt und wo er viele Jahre wirkte, von einer aufgehetzten Menschenmenge verfolgt und von gedungenen Polizisten rücklings ermordet. Friedrich Seyboth, ein in Brasilien geborener und in Deutschland ausgebildeter Arzt, ließ sich nach dem Krieg in Marechal Cândido Rondon, im Staat Paraná, nieder. Durch einen zweifelhaften Journalisten wurde er sowie die Gemeinde als ein Nazinest verleumdet. Dr. Seyboth wäre beinahe einer Entführung zum Opfer gefallen. Noch jahrelang musste sowohl er als auch der Ort gegen das Image eines Hortes der Nationalsozialisten in Brasilien ankämpfen.

Zum Abschluss des ersten Tages, berichtete Eckhard E. Kupfer über die Geschichte der deutschen Einwanderung nach São Paulo sowie die Geschichte der Deutschen Schule – heute Colégio Visconde de Porto Seguro – und des Martius-Staden-Instituts, anhand einer Power-Point-Präsentation.

Im Anschluss daran befassten sich in einer Podiumsdiskussion die Vertreter der deutschsprachigen Presse von Argentinien (Argentinisches Tageblatt), Brasilien (Brasil-Post), Chile (Der Condor) und Paraguay (Das Wochenblatt) mit der wirtschaftlichen Situation der einzelnen Medienorgane. Als Minderheitenzeitung haben alle mit dem Überleben zu kämpfen, wobei durch den engeren Zusammenhalt der deutschstämmigen in Argentinien und Chile, ein Überleben noch eher gewährleistet ist. Leider musste in der darauffolgenden Woche die in São Paulo erscheinende Brasil-Post ihr Erscheinen einstellen.

Der Freitag begann mit einer offiziellen Eröffnungsfeier im Stadtparlament der Stadt Buenos Aires. Mit der Anwesenheit der argentinischen Abgeordneten Daniel Presti und Cornelia Schmidt-Liermann sowie den Botschaftern der Bundesrepublik Deutschlands, Österreichs und der Schweiz erhielt das Treffen eine offizielle Bedeutung.

Am Abend wurde von der FAAG zum offiziellen Festessen im Kulturzentrum Olivos eingeladen. Hierbei konnten weitere Einzelgespräche geführt und nähere Bekanntschaften gemacht werden.

Am dritten Tag waren die Besucher in das Kulturzentrum «Juventud del Sud» in Temperley eingeladen. Zur Eröffnung begrüßte die Vertreterin der Gesellschaft, Frau Marta Hofmann, die Besucher. Als Vertreter der Gemeinde Lomas de Zamora hieß der stellvertretende Bürgermeister Guillermo Viñuales die Besucher willkommen.

Die Vorträge der einzelnen Teilnehmer begannen mit Hans Schulz aus Bariloche, der sein soeben erschienenes Buch mit dem Titel Mandato paterno vorstellte.

Im Anschluss daran sprach Nilo Franck aus Juiz de Fora in Brasilien die Konstruktion der ersten Straße von Petropolis nach Juiz de Fora vor. Diese im Jahr 1856 begonnene Konstruktion zog 1858 deutsche Siedler an, die am Ausbau mitarbeiteten. Im Jahr 1861 wurde die 144 Kilometer lange Strecke fertiggestellt.

Ana Becker stellte, über eine Verfilmung, die Geschichte der Donauschwaben vor, die zwischen dem XVII. und XIX. Jahrhundert aus der schwäbischen Region Württembergs ausgewandert sind und sich im Donau-Theiß-Tiefland, in Südungarn, niederließen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden sie verfolgt und verjagt. Viele wanderten nach Deutschland und Österreich zurück, doch auch ein erheblicher Teil suchte in Übersee eine neue Heimat. Etwa 6000 Auswanderer ließen sich in Argentinien nieder.

Rafael Hensel aus Treze Tilhas in Santa Catarina brachte dann den Teilnehmern das Tirol Brasiliens nahe. Dieser Ort im Herzen des am stärksten von deutschstämmigen geprägten Staates Santa Catarina, wurde im Jahr 1933 von dem Österreicher Andreas Thaler aus Tirol gegründet. Die Ansiedlung wurde von der österreichischen Regierung unterstützt, da das Land in den Krisenjahren nach dem ersten Weltkrieg seinen Bürgern keine große Perspektive bieten konnte. Der Ort bewahrt bis heute seine alpenländische Charakteristik und lebt hauptsächlich vom Tourismus. Berühmt sind die Holzschnitzerwerkstätten sowie die diversen ethnischen Feste von April bis Dezember. Treze Tilhas oder Dreizehn Linden bewarb sich für eines der folgenden Jahre um die Austragung des Treffens der CAAL (Comunidades Alemães da America Latina).

Guillermo Regnier, ein Dokumentarfilmer und Journalist, ging der Geschichte der Selbstversenkung des Kriegsschiffes «Admiral Graf Spee» nach. Er zeigte einen historischen Film des Geschehens, welches im Dezember 1939 vor dem Hafen Montevideo zur Selbstversenkung der «Graf Spee» führte. Außerdem präsentierte Regnier ein Buch, das seine Recherchen enthält.

Der Präsident der Gesellschaft «Buenos Aires – Berlin, eine Städtepartnerschaft», Claudio Gäbler, berichtete über die Gründung und Aktivitäten seiner Organisation. Sie dient in erster Linie dem kulturellen und schulischen Austausch zwischen den beiden Städten, verbindet aber auch kulturelle und professionelle Themen.

Im Anschluss daran präsentierte Eckhard E. Kupfer, als Vertreter des Veranstalters des XI. CAAL-Treffens 2013 in São Paulo, sowohl einen Kurzfilm über die Stadt als auch eine Präsentation des Veranstaltungsortes im Colégio Visconde de Porto Seguro.

Nach dem traditionellen Mittagessen konnte, wer wollte, nach der Musik eines Alleinunterhalters das Tanzbein schwingen.

Am Sonntag dem 23. 9. begann die Tagung mit einem ökumenischen Gottesdienst in dem Marienheim Villa Ballester, der von Pater Luis Scherer und der Pastorin Sonia Skupch gehalten wurde.

Im Anschluss daran, wurde eine Rundfahrt durch diesen traditionellen deutschstämmigen Stadtteil unternommen, der einen Besuch des Deutschen urnvereins Villa Ballester beinhaltete. Weiterhin befinden sich dort zwei deutschstämmige Schulen, die Ballester-Schule sowie die Hölters-Schule.

Nach dem offiziellen Teil, der mit Begrüßungsreden der Gemeindepräsidentin Christa Naab de Hörl, dem Präsidenten des Organisationskomitees Rodolfo Hepe sowie dem Bezirksbürgermeister von San Martin, Dr. Gabriel Nicolás Katopodis endete, wurde zu einem «asado de despedida» eingeladen, der ein Programm der örtlichen Volkstanzgruppen einschloss.

Es ist dem Organisationskomitee für die ausgezeichnete Vorbereitung und Durchführung zu danken. Jedem Teilnehmer war bewusst, dass dies in einer Großstadt sehr viel schwieriger ist als in einem überschaubaren kleineren Ort. Trotzdem kann man sagen, dass die Veranstaltung ein voller Erfolg war und viele Teilnehmer mit neuem Wissen über die Geschichte der Deutschen in Südamerika die Heimreise antraten.

São Paulo wird sich bereits jetzt auf die Herausforderung des XI. Treffens 2013 vorbereiten..

 


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• Entwurf von Patricia Hepe, der den Beitrag der wichtigsten deutschsprechenden Länder darstellt, deren Einwanderer sich in Lateinamerika niederließen und ihr Schaffen, ihre Kultur und ihre Bräuche der einheimischen Farbenpracht dieses Kontinentes beifügten.
• Diseño de Patricia Hepe simbolizando las tres principales naciones de habla alemana, cuyos inmigrantes decidieron radicarse en América Latina y de tal forma aportaron su trabajo, su cultura y sus costumbres al autóctono colorido de este continente.










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