CAAL 2011 Frutillar
Neuntes Treffen der deutschsprachigen Gemeinschaften
Lateinamerikas
Noveno encuentro de las comunidades de habla alemana
de América Latina
Wilfredo Laura:
150 Jahre Pozuzo anhand der
Fotografie
Der Referent lebt in Pozuzo (Peru). Wilfredo Laura ist dort Schulleiter und
Direktor des Einwanderermuseums Schafferer. Als Gesamtkoordinator war er für die
Feierlichkeiten anlässlich der 150 Jahre Pozuzo und für das dortige CAAL-Treffen
verantwortlich.
Der nachfolgende Text ist von den Organisatoren des Treffens als
Zusammenfassung mit erweiternden Angaben zum Thema des Originalvortrags in
spanischer Sprache erarbeitet.
Der Vortragende will auf der Grundlage von alten
Fotos, Werkzeugen und anderen typischen Gegenständen, die sich im Museum
Schafferer befinden und die von den ersten Siedlern benutzt wurden,
einschließlich der Küchengeräte, die sie aus der alten Heimat mitgebracht
hatten, anhand digitaler Fotos einen Streifzug durch die Geschichte von
Pozuzo machen. Es soll gleichzeitig eine Hommage an diese ersten Kolonisten
und an Wissenschaftler wie Prof. Kinzel von der Universität Innsbruck sein, der
in den Jahren 1939 und 1969 zahlreiche Forschungsarbeiten in Pozuzo betrieb, von
denen etliche bisher noch gar nicht veröffentlicht wurden, wie im Falle einer
Sammlung alter Fotografien, die erstmals anlässlich der CAAL-Tagung in Pozuzo
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte.
Die Auswanderung nach Pozuzo – Chronik eines
Leidensweges
Ziel der Auswanderer war das von der peruanischen
Regierung angebotene Siedlungsland Pozuzo, dort wo sich der Río
Huancabamba und der Río Santa Cruz zum Río Pozuzo vereinigen, 500 km nordöstlich
von Lima am Ostrand der Andenkette auf durchschnittlich 750 m Höhe. Nach
weiteren 60 km Richtung Norden, am sogenannten Codo (Ellenbogen) des Río Pozuzo,
beginnt bereits das Tiefland des Amazonas.
Am 30. März 1857 startete der Frachtsegler Norton –
er wurde normalerweise für den Transport des übel riechenden Guano und nicht für
Passagiere benutzt – mit 124 Rheinländern und Bayern, 180 Tirolern und 32 Mann
Besatzung an Bord in Antwerpen/Belgien und erreichte nach 114 Tagen am 21. Juli
1857 die Insel San Lorenzo bei Callao an der peruanischen Küste. 7 Tage später
brachte das Dampfschiff «Inka» die Kolonisten und ihr Gepäck nach dem 100 km
weiter nördlich gelegenen Huacho, von wo aus die Gruppe am 3. August endlich
ihren Fußmarsch – Gepäck und Hausrat auf Mulas verladen – in Richtung Pozuzo
antrat, ein Unternehmen, das in der Geschichte der Gründung ferner Kolonien
seines Gleichen sucht.
Nach großen Strapazen erreichten die Leute, nachdem
sie u.a. den 4850 m hohen Chuchon-Pass überwinden mussten, am 22. August 1857
auf 4300 m Höhe den Minenort Cerro de Pasco, wo sie zu ihrem Entsetzen erfuhren,
dass die peruanische Regierung den versprochenen Weg nur bis Acobamba gebaut
hatte. Von dort waren es aber weitere 150 km durch teilweise unwegsamstes
Gelände. Am 25. August 1857 erreichte die bereits völlig deprimierte Gruppe
Acobamba. Sie errichtete dort ein Zwischenlager, um die Regenzeit abzuwarten und
den Wegebau bis zu der 45 km entfernten Pampa Hermosa bei Santa Cruz selbst in
die Hand zu nehmen.
Bereits auf der Überfahrt hatte es Todesfälle, aber
auch Geburten gegeben. Gleiches wiederholte sich nun auf dem langen Fußmarsch,
selbst ein Bergrutsch forderte seine Opfer. Die zunehmenden Enttäuschungen,
durch das Klima und die Entbehrungen bedingte Krankheiten, die nicht selten
tödlich verliefen, aber auch Unstimmigkeiten unter den Auswanderern führten
dazu, dass sich immer mehr von der Gruppe absetzten und auf eigene Faust
durchschlugen. Der für das Unternehmen verantwortliche deutsche Forscher und
Weltreisende Baron von Schütz-Holzhausen wurde daraufhin von der peruanischen
Regierung seines Amtes als Direktor der Kolonie enthoben. An seiner Stelle
übernahmen Pfarrer Josef Egg aus Innsbruck, Josef Gstir aus Zams als Vertreter
der Tiroler und Christof Johann aus Peterslahr als Vertreter der Rheinländer die
Führung der Auswanderer.
Nach der Regenzeit zog die bereits stark dezimierte
Gruppe im April 1858 weiter nach Santa Cruz in das 1800 m hoch gelegene Tal der
Pampa Hermosa, wo man erneut ein Zwischenlager errichten musste, um mit dem
letzten und härtesten Teil des Wegebaus, der fast 100 km langen Strecke bis an
den Rio Huancabamba, beginnen zu können. Im Mai ging Pfarrer Egg – er zeigte
sich immer mehr als die Person mit den stärksten Führungsqualitäten – mit den
Männern der Gruppe auf einem engen, schwer zu begehenden Pfad durch das
Delfin-Tal hinunter an den Río Huancabamba, um das Siedlungsland zu besichtigen
und aufzuteilen. In der Folgezeit begannen die Männer, am Río Huancabamba den
Urwald zu roden, Hütten zu bauen und einen Weg anzulegen. Nach der Regenzeit im
April 1859 konnte schließlich die Übersiedlung der verbliebenen 176 Kolonisten
nach Pozuzo erfolgen, das ihnen ab Mitte Mai 1859 endgültig zur neuen Heimat
wurde. Eine Odyssee von mehr als zwei Jahren hatte für diese erste
Kolonistengruppe – eine zweite folgte ihr 1868 – ihr Ende gefunden.
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